Die Strafbarkeit des Anbaus von Cannabis
Der Anbau von Betäubungsmitteln ist in Deutschland strafbar. Betäubungsmittel sind alle diejenigen Stoffe und Zubereitungen, die in den Anlagen I-III zu § 1 BtMG aufgeführt. Cannabis ist in der Anlage I aufgeführt und damit ein Betäubungsmittel.
Der Anbau von Cannabis war – man höre und staune – nicht immer strafbar: im Betäubungsmittelgesetz von 1972 war der illegale Anbau von Betäubungsmitteln straflos gelassen worden und der Anbau war auch nicht als Besitz von Betäubungsmittel strafbar.
Nach ein paar heißen Sommer in Deutschland verbreitete sich dann aber die Erkenntnis, dass auch im deutschen Klima zumindest bei guter Witterung ganze Plantagen von Betäubungsmitteln angebaut und anschließend geerntet werden können. Das führte dazu, dass die Tathandlung des Anbaus 1981 in das BtMG aufgenommen wurde.
Trotz der Strafbarkeit des Anbaus von Betäubungsmittel stieg die Anzahl der Cannabisanbaufälle rasant:
Von 1994 bis 1995 wurden 1.227 Fälle des illegalen Cannabisanbaus registriert und 15.082 Cannabispflanzen sichergestellt. 1997 wurden dann bereits 76.000 Cannabispflanzen aus illegalem Cannabisanbau sichergestellt.
1996 gab es 1.939 registrierte Fälle des illegalen Betäubungsmittelanbaus, 2010 waren es schon 3.475 Fälle. Dies spiegelt vor allem auch die steigende Anzahl von Indoor-Plantagen wieder, bei denen mit spezieller Aufzuchtmethoden THC-reiche Pflanzen gezüchtet werden können. Im Jahr 2009 wurden in Deutschland 91.310 Pflanzen aus dem Indoor-Anbau beschlagnahmt!
Was vom Tatbestandsmerkmal des Anbaus von Betäubungsmittel erfasst wird
Anbau von Betäubungsmitteln ist das Erzielen pflanzlichen Wachstums durch gärtnerische Bemühungen, also die Aussaat von Samen, die Pflege oder die Aufzucht von Betäubungsmittelpflanzen. Vorausgesetzt wird hierfür kein besonderer Betrieb oder ein besonderer Umfang. Auch das Anpflanzen im Blumentopf, Balkonkästen, Garten, im Wald stellt Anbau dar. Auch das Aussäen von Samen, die dann der Witterung überlassen werden, stellt Anbau dar, denn für den Anbaubegriff ist keine gärtnerische Pflege oder dauerhafte Wachstumsförderung notwendig.
Für einen strafbaren Anbau ist nicht erforderlich, dass die Aufzucht der Pflanzen zu dem Zweck erfolgt, hieraus konsumfähige Betäubungsmittel zu gewinnen. Als Zwecksetzung reicht für einen strafbaren Anbau bereits aus, dass die Pflanze als Zierpflanze aufgestellt werden soll oder zu Textilien, Kosmetika oder Seilen zu verarbeitet werden soll.
Typische Tathandlungen des Anbaus sind:
- das Einpflanzen der Cannabispflanze in einen Blumentopf oder Balkonkasten
- das Eintopfen, bewässern, Düngern und Belichten der Pflanze. Haben Sie die Cannabispflanze von einem Dritten erhalten und pflegen diese mit Wasser, Licht oder Düngemittel, so liegt strafbarer Anbau vor.
- das Kreuzen, das Aufbinden und Stützen, das Einzäunen oder das Schützen der Anbaufläche.
Keinen Anbau mehr stellt das Abschneiden, Ernten, Trocknen oder sonstige bearbeiten des abgetrennten Pflanzenmaterials dar; diese Handlungen gehören bereits zum „Herstellen“ von Betäubungsmitteln.
Strafbarkeit des Anbaus von Cannabis bei Grundstückeigentümern und Mietern
Baut ein anderer als der Eigentümer auf einem Grundstücks Cannabis an, so macht sich nicht der Eigentümer wegen Anbaus von Betäubungsmittel strafbar, sondern der Anbautreibende. Aber: Der Grundstückeigentümer kann sich wegen Anbaus von Cannabis durch Unterlassen strafbar machen: eine Strafbarkeit durch Unterlassen des Grundstückeigentümers ergibt sich, wenn das Grundstück unter Ausnutzung der besonderen Beschaffenheit als Mittel zur Tatbegehung (also das Säen, Pflanzen und Pflegen von Cannabis) eingesetzt wird und der Grundstückseigentümer dies nicht verhindert hat. Kann also dem Grundstückseigentümer nicht nachgewiesen werden, dass er selbst Betäubungsmittel angepflanzt hat, wird sozusagen durch die Hintertür eine Strafbarkeit durch Unterlassen im vorgenannten Fall angenommen.
Für die Annahme einer Strafbarkeit durch Unterlassen reicht es aber nicht aus, wenn das Grundstück nur der Standort ist, an dem die Tat, also der Anbau, stattfand. Begründet der Garten also keine besondere Gefahrenquelle, besteht keine Pflicht zur Verhinderung des Anbaus von Cannabis.
Der Mieter eines Grundstücks macht sich nicht wegen Anbaus von Cannabis strafbar, wenn ein anderer auf diesem Grundstück Cannabis anbaut, soweit er sich selbst nicht um die Pflege der Pflanzen bemüht hat. Der Mitbenutzer eines Gartens kann daher grundsätzlich nicht wegen Anbaus von Betäubungsmittel bestraft werden, nur weil er den Anbau eines Dritten nicht verhindert hat.
Bei gemeinsamen Wohnungsinhabern reicht die bloße Kenntnis vom Vorhandensein von Cannabispflanzen und der Anbau sowie die Aufzucht durch einen Mitmieter nicht aus, um eine Mittäterschaft zu begründen. In Frage kommt dann aber immer noch eine psychische Beihilfe zum Anbau von Cannabis.
Illegaler Umgang mit Cannabissamen
Der Umgang mit Cannabissamen ist in Deutschland strafbar, sofern der Samen nach den Umständen zum unerlaubten Anbau bestimmt ist.
Zahlreiche Anbieter von Cannabissamen haben ihre Firma in den Niederlanden, wo der Besitz und der Handel mit Marihuana-Samen nicht verboten ist. Angesichts der hohen Preise von Cannabissamen liegt es hierbei aber auf der Hand, dass die Samen dem illegalen Anbau dienen, so dass die Umstände einen unerlaubten Anbau eines Käufers in Deutschland nahelegen und eine Strafbarkeit bezüglich des Umgangs mit Cannabissamen anzunehmen ist.
Die Cannabissamenhändler in Deutschland haben sich viel einfallen lassen, um das Verbot des Umgangs mit Cannabissamen zu umgehen. Es werden Cannabissamen in Tüten mit der Aufschrift Vogel- oder Hühnerfutter versehen oder ganz einfach mit dem Aufdruck, dass die Samen nicht zum Anbau verwendet werden dürfen. Aber auch das hilft nicht (immer): kann aus den Gesamtumständen, wie zu hoher Preis für Hühnerfutter, Anzeigetexte, Fehlen jeglicher Artikel für die Tierhaltung usw., geschlossen werden, das die Cannabissamen zur illegalen Aufzucht von Cannabispflanzen bereitgehalten werden, um sie zu verkaufen, so liegt strafbares unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitten gemäß § 29, Abs. 1, Satz 1, Nr. 1 BtMG vor.
Die strafrechtlichen Folgen des Anbaus von Cannabis
Der Anbau von Betäubungsmitteln gem. § 29 BtMG
Für den Anbau von Cannabis sieht das Betäubungsmittelgesetz gemäß § 29 Abs. 1, Satz 1, Nr. 1 BtMG Freiheitstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe vor.
Beim Anbau einer geringen Menge Cannabis kann die Staatsanwaltschaft nach § 31a Abs. 1 BtMG von der Strafverfolgung absehen bzw. kann das Gericht nach § 29 Abs. 5 bzw. 31a Abs. 2 BtMG von Strafe absehen, wenn der Anbau zum Eigenverbrauch erfolgte. Was eine geringe Menge ist, ist in jedem Bundesland anders geregelt. In Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Berlin liegt die geringe Menge bei 10 g, in den übrigen Bundesländern bei 6 g. Hierbei handelt es sich aber um keine starren Grenzen, sondern die Werte sind lediglich Richtwerte für das Absehen von Strafe, von denen Staatsanwälte und Richter im Einzelfall abweichen können (z.B. wiederholter Drogenbesitz).
Die besonders schweren Fälle gem. § 29 Abs. 3, S. 2 BtMG sind mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bedroht. Besonders schwere Fälle sind einmal der gewerbsmäßige Anbau und der die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdende Anbau von Betäubungsmittel. Hierbei handelt es sich um Regelbeispiele, d.h. daneben kommen noch ungeschriebene besonders schwere Fälle in Betracht, also nicht in dem § 29 Abs. 3, S. 2, Nr. 1 und 2 BtMG aufgezählte Fälle.
Der Anbau nicht geringer Mengen von Betäubungsmittel
Der Anbau nicht gringer Mengen von Cannabis , also Mengen an Cannabis, die insgesamt mehr als 7,5 g THC enthalten, wird im Tatbestand des § 29 a BtMG (Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr!) zwar nicht genannt. Der Anbau von Cannabis kann aber gleichzeitig den Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmittel erfüllen. Überschreitet also die Wirkstoffmenge der angebauten Cannabispflanzen die Grenze zur nicht geringen Menge gem. § 29a BtMG und konnte der Täter damit rechnen, ergibt sich die Strafbarkeit aus § 29a, Abs. 1, Nr. 2 BtMG, der eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsieht.
Der bandenmäßige Betäubungsmittelanbau
Der bandenmäßige Anbau Cannabis ist mit einer Mindeststrafe von 2 Jahren zu betrafen, § 30 Abs. 1, Nr. 1 BtMG. Für das bandenmäßige Anbauen einer nicht geringen Menge Cannabis besteht dann schon eine Mindeststrafe von 5 Jahren.
Erforderlich für die Bildung einer Bande ist, dass sich drei Personen zur mehrfachen Tatbegehung verbunden haben; die Bande muss dabei auf gewisse Dauer angelegt sei.
Beim Anbau von Cannabis sollte daher niemals zusammen oder arbeitsteilig mit mehr als 2 Personen gehandelt werden. Die Mindeststrafen sind hierbei ganz schön gesalzen.