Simone Fischer Rechtsanwältin
Simone FischerRechtsanwältin

I. Heraufsetzung des Grenzwerts für den Führerscheinentzug wegen Verstoß gegen das Trennungsgebot um das Dreifache?

Die Grenzwertkommission hat im September 2015 empfohlen, erst ab einem Grenzwert von 3,0 ng THC/ml Blutserum von einem Verstoß gegen das Trennungsvgebot auszugehen und nicht mehr ab einem Grenzwert von 1,0 ng THC/ml. Das würde bedeuten, dass erst wenn Sie einen (aktiven) THC-Wert von 3,0 ng/ml bei einer Drogenfahrt aufweisen und Sie gelegentlicher Cannabiskonsument sind, die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis entziehen könnte (die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis im Zusammenhang mit Cannabis finden Sie hier). Das bedeutet eine Erhöhung um das Dreifache!

 

Die Grenzwertkommission ist eine fachübergreifende Arbeitsgruppe, die von der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin und der Gesellschaft für Forensiche und Toxikologische Chemie im Jahr 1994 gegründet wurde. Die behördliche und gerichtliche Praxis aller Gerichtszweige und Instanzen ist in der Vergangenheit den Empfehlungen der Grenzwertkommission gefolgt.

 

Die Erhöhung der Grenzwerte um das Dreifache nahmen Anwälte in Gelsenkirchen zum Anlass Klagen gegen Fahrerlaubnisentziehungen einzureichen, die infolge von festgestellten Cannabis-Konzentrationen im Blutserum erfolgten. Und das mit guten Grund: auch wenn die Empfehlungen der Grenzwertkommission für die Gerichte nicht bindend sind, wurden sie aber regelmäßig als Maßstab herangezogen.

 

Die Klagen wurden allerdings allesamt vom Verwaltungsericht Gelsenkirchen abgewiesen, das sich damit für die Beibehaltung des in der Rechtsprechung entwickelten Grenzwertes von 1,0 ng THC/ml entschieden hat. Dies wird damit begründet, dass der neuen Empfehlung der Grenzwertkommission nicht die wissenschaftlich gesicherte Aussage zu entnehmen sei, dass es unterhalb des Grenzwertes von 3,0 ng THC/ml Blutserum nicht zu einer cannabisbedingten Beeinträchtigung verkehrssicherheitsrelevanter Fähigkeiten kommen könne. Bereits die Möglichkeit einer cannabisbedingten Beeinträchtigung der Fahrsicherheit müsse aber ausgeschlossen sein. 

Es sei jedenfalls wissenschaftlich umstritten, ab welchem Grenzwert von einer Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit ausgegangen werden können. Dies beruhe insbesondere darauf, dass gesicherte Erfahrungswerte zu Dosis-Blutkonzentartions-Wirkungsbeziehungen für Drogen - insbesonder THC - durch die medizinnaturwissenschaftliche Forschung derzeit nicht bereitgestellt werden könnten. So sei es trotz mehrfacher Forschungsaufträge bislang nicht gelungen, aus wissenschaftlicher Sicht einen Grenzwert für die absolute Fahruntüchtigkeit festzulegen. Im Umkehrschluss hieße dies aber auch, dass eben die Möglichkeit einer Beeinträchtigung schon oberhalb eines Grenzwertes von 1 ng THC/ml im Blutserum nicht sicher ausgeschlossen werden könne (hier geht`s zum Urteil: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 20.01.2016, Az.: 9 K 1253/15).

 

Auch das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat sich bereits mit der neuen Empfehlung der Grenzwertkommission auseinandergesetzt und sich ebenfalls auf den alten, niedrigen Grenzwert festgelegt (hier können Sie das Urteil des VG Düsseldorf lesen). Und ganz aktuell auch das Verwaltungsgericht Aachen - hier gehts zum Urteil.

 

Die Rechtsprechung weiß es daher besser als die Fachleute?!? Das ist wohl leider so. Die Gerichte hinken Veränderungen und neuen Erkenntnissen hinterher und zeigen sich einmal mehr als unbeweglich. Ob die anderen Verwaltungsgerichte ebenso entscheiden oder auch die höheren Instanzen, bleibt abzuwarten. Da ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.

Rechtsanwältin

Simone Fischer

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