Betäubungsmittelkonsum und Konsequenzen für die Fahrerlaubnis
Bei Betäubungsmittel handelt es sich um sogenannte „harten“ Drogen, wie Heroin, Kokain, Amphetamin, LSD, Ecstasy etc. Bei harten Drogen gilt die Besonderheit, dass ein einmaliger Konsum zu einer unmittelbaren für eine Fahrerlaubnisentziehung führt. Es gibt also nicht die Möglichkeit erst noch eine MPU oder ein ärztliches Gutachten zu absolvieren und damit seine Fahreignung nachzuweisen.
Um das einmal ganz deutlich vor Augen zu führen:
Einmaliger Konsum harter Drogen führt zur Fahrerlaubnisentziehung
Auf den Punkt gebracht: Es ist im Regelfall so, dass allein der einmalige Konsum harter Drogen zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen führt. Dies ist in der Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV (Katalog von Krankheiten und Mängeln im Zusammenhang mit der Fahrerlaubnis) ausdrücklich festgelegt. Wenn die Ungeeignetheit feststeht, muss (bzw. darf) die Fahrerlaubnisbehörde keine Überprüfung zur Fahreignung mehr vornehmen und entzieht dann unmittelbar die Fahrerlaubnis. Dies ist in § 11 Abs. 7 FeV geregelt, hier heiß es:
„Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.“
Im Ergebnis wird die Fahrerlaubnis im Zusammenhang mit dem Konsum harter Drogen also entzogen.
Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Entziehung
Im Fall der Entziehung der Fahrerlaubnis bei harten Drogen muss ein Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis bei der Fahrerlaubnisbehörde gestellt werden. Dann wird seitens der Fahrerlaubnisbehörde eine MPU angeordnet werden, um feststellen zu lassen, ob Sie Ihre Fahreignung wiedererlangt haben. Sie haben sich dann von einer Begutachtungsstelle wie TÜV, pima-mpu GmbH, AVUS GmbH, IBBK GmbH usw. begutachten zu lassen, was einen medizinischen und psychologischen Teil umfasst. Welche Voraussetzungen Sie erfüllen müssen, um Ihre wiedergewonnen Fahreignung nachzuweisen und Ihre Fahrerlaubnis zurückzuerhalten, findet sich in den sogenannten „Beurteilungskriterien“, nach denen sich die Begutachtungsstellen richten (müssen).
Abstinenznachweise bei harten Drogen
Bei harten Drogen ist nach den Beurteilungskriterien nun ein Abstinenznachweis zu erbringen. Dafür sehen die Beurteilungskriterien in der Regel einen Abstinenznachweis über die Dauer von einem Jahr vor. In Ausnahmefällen ist auch eine sechsmonatige Abstinenz ausreichend, aber um eine MPU erfolgreich zu absolvieren sollte eine Abstinenz über ein Jahr nachgewiesen werden, ich sehe da ansonsten kaum Erfolgschancen.
Das bedeutet, dass Sie mit den Abstinenznachweisen durch Urinscreenings oder Haaranalysen erst einmal ein Jahr beschäftigt sind. Und in diesem Jahr haben Sie keine Fahrerlaubnis. Wer von der Fahrerlaubnis beruflich oder aus sonstigen Gründen abhängig ist, bei dem kann die finanzielle Existenz schnell bedroht sein. Und auch die anschließende MPU muss erstmal mit dem Nachweis der wiedergewonnen Fahreignung abgeschlossen werden, die „Durchfallquote“ ist hier durchaus hoch.
(Nicht-)Tätigwerden der Fahrerlaubnisbehörde
In manchen Fällen kommt es vor, dass die Fahrerlaubnisbehörden eine lange Zeit benötigen, um tätig zu werden, also um Ihnen einen Bescheid über die Fahrerlaubnisentziehung aufgrund des Drogenkonsums zuzustellen. Das kann daran liegen, dass bereits ein eventuelles Strafverfahren in der gleichen Sache länger dauert. Auch das Bußgeldverfahren wegen Ihres Verstoßes gegen § 24a StVG – gegen den Sie aufgrund Ihrer Drogenfahrt verstoßen haben – kann bereits länger dauern, insbesondere, wenn Sie gegen den Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt haben. Teilweise sind die Fahrerlaubnisbehörden auch heillos überfordert, was häufig die Stadtstaaten wie Bremen und Berlin betrifft, aber auch andere, meist größere Städte.
Solange Sie keinen Entziehungsbescheid seitens der Fahrerlaubnisbehörde erhalten haben (und Ihnen nicht in einem möglichen Strafverfahren die Fahrerlaubnis entzogen wurde), können Sie weiterhin Auto fahren, und zwar bis die Fahrerlaubnisbehörde sich bei Ihnen mit einer Maßnahme wie eben die Fahrerlaubnisentziehung, gegebenenfalls eine MPU usw. meldet.
Fahrerlaubnisentziehung und Bedeutung der Einjahresfrist bei harten Drogen
Wenn die Fahrerlaubnis sich aber erst nach über einem Jahr bei Ihnen mit dem Bescheid über die Fahrerlaubnisentziehung meldet, ist es nicht mehr ganz so einfach die Fahrerlaubnis ohne Weiteres zu entziehen. Vielmehr hat sich hier Rechtsprechung herausgebildet, die eine Fahrerlaubnisentziehung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen nicht mehr als verhältnismäßig ansieht.
Nach dieser Rechtsprechung bleibt es dabei, dass die Einnahme von Betäubungsmitteln regelmäßig die Fahreignung ausschließt. ABER: dies muss nicht immer automatisch zu einer Fahrerlaubnisentziehung führen, wenn bereits eine Drogenfreiheit seit über einem Jahr besteht.
Dies bedeutet zunächst, dass jeglicher Drogenkonsum unverzüglich einzustellen ist, um schnellstmöglich mit Abstinenznachweisen mittels eines Drogenscreenings beginnen zu können.
Zwar ist zum Nachweis der wiedergewonnen Fahreignung ein Abstinenznachweis auch über ein Jahr keinesfalls ausreichend. Es muss im Anschluss eine MPU absolviert und mit positivem Ergebnis abgeschlossen werden. Jedoch wird die Fahrerlaubnis in dieser Zeit nicht entzogen, vielmehr bleiben Sie für die Zeit des Fahreignungsüberprüfungsverfahrens, in dessen Rahmen Sie Ihre Fahreignung nachweisen können, Fahrerlaubnisinhaber.
Einjahresfrist ohne Abstinenznachweise
Ist seit einem Drogenvorfall ein Jahr vergangen bis sich die Fahrerlaubnisbehörde – wahrscheinlich mit einer Fahrerlaubnisentziehung – bei Ihnen meldet, haben Sie sich schlechtestenfalls nicht um ein Drogenscreening gekümmert und können somit Ihre Drogenfreiheit nicht nachweisen.
Aber auch in diesem Fall spricht sich ein Großteil der Rechtsprechung gegen eine unmittelbare Fahrerlaubnisentziehung aus, wenn folgende Voraussetzungen gegeben sind:
An die Voraussetzungen für eine glaubhafte und nachvollziehbare Darlegung werden seitens der Gerichte unterschiedliche Hürden aufgestellt.
Rechtsprechung zur Einjahresfrist
Der Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in einer Entscheidung zur Einjahresfrist ausgeführt:
„Nach der Rechtsprechung des Senats darf nach Ablauf der sog. Verfahrensrechtlichen Einjahresfrist nicht mehr ohne Überprüfung davon ausgegangen werden, dass die sich aus Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ergebende Nichteignung des Betroffenen im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV weiter feststeht. Diese Frist beginnt grundsätzlich mit dem Tag, den dieser als den Beginn der Betäubungsmittelabstinenz angegeben hat, oder von dem an, unabhängig von einem solchen Vorbringen, Anhaltspunkte für eine derartige Entwicklung vorliegen. Dafür genügt die bloße Behauptung der Drogenabstinenz jedoch regelmäßig nicht, sondern es müssen Umstände hinzutreten, die diese Behauptung glaubhaft und nachvollziehbar erscheinen lassen. (...)
Auch das Verwaltungsgericht Bremen hat gleichlautend entschieden und die Möglichkeit der Anordnung eines engmaschig überwachten Drogenscreening angeführt, was in Anbetracht der Tatsache, dass dieses im Rahmen der MPU ohnehin ein Abstinenznachweis erbracht werden muss, nicht sonderlich negativ ins Gewicht fällt.
In dem ganz aktuellen Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen vom 14.03.2024 heißt es:
„Davon unterscheidet sich die vorliegende Situation, in der die Vermutung des Verlusts der Fahreignung aufgrund eines Betäubungsmittelkonsums nicht mehr trägt, weil seit dem letzten (nachgewiesenen) Konsum mehr als ein Jahr verstrichen ist und es der Klärung bedarf, ob der
Fahrerlaubnisinhaber im Hinblick auf den Zeitablauf seine Fahreignung wiedergewonnen hat.“ (...)
Den Belangen der Verkehrssicherheit (vgl. ThürOVG, a.a.O.) wird grundsätzlich dadurch Rechnung getragen, dass die Behörde bei dem Konsum harter Drogen nach § 11 Abs. 7 FeV ohne Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens die Fahrerlaubnis entziehen kann. Macht sie von dieser Möglichkeit zeitnah keinen Gebrauch und wartet zu und kommt es in dieser Zeit zu keinen weiteren Auffälligkeiten des Fahrerlaubnisinhabers, ist es auch im Hinblick auf die Verkehrssicherheit hinnehmbar, dass die Fahrerlaubnisbehörde zunächst auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Nr. 2 FeV ein überwachtes engmaschiges Drogenscreening anordnet und bei einem positiven Drogennachweis oder bei einer nicht fristgerechten Ablieferung beizubringender Zwischenergebnisse die Fahrerlaubnis entzieht (BayVGH, Beschl. v. 04.02.2009 – 11 CS 08.2591 –, juris Rn. 19). Zudem sind die Anforderungen an die glaubhafte und nachvollziehbare Drogenabstinenz im Rahmen der verfahrensrechtlichen Einjahresfrist nicht zu niedrig anzusetzen.“
Im Zeitraum des Fahrerlaubnisüberprüfungsverfahrens können also lückenlose Drogenabstinenznachweise seitens der Fahrerlaubnisbehörde verlangt werden, bis Sie nach einem Jahr Ihre Fahreignung im Rahmen einer MPU nachweisen können/dürfen/müssen. Dies Vorgehen bietet die Möglichkeit, dass Sie trotz eines zurückliegenden Drogenkonsums Ihre Fahrerlaubnis behalten können.
Es kommt in diesen Fällen auch nicht regelmäßig zu einem Gerichtsverfahren, vielmehr kann häufig bereits auf Ebene der Fahrerlaubnisbehörden ein entsprechendes Vorgehen erreicht werden. Mit einem anwaltlichen Schreiben unter Darlegung der Rechtsprechung und insbesondere der bestehenden Drogenfreiheit von mindestens einem Jahr (Einjahresfrist) kann die seitens der Fahrerlaubnisbehörde beabsichtige Fahrerlaubnisentziehung in eine MPU "umgewandelt" und die Fahrerlaubnisentziehung abgewendet werden. Ein Ausschnitt eines Bescheids einer Fahrerlaubnisbehörde in Fall eines meiner Mandanten hat dann auf meinen Vortrag zur Einjahresfrist wie folgt ausgesehen:
Damit war die Fahrerlaubnisentziehung abgewendet.
Fazit
Bei Beratungsbedarf stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Sie erreichen mich unter der Telefonnummer 0421-695 256 27 oder unter der E-Mail office@rechtsanwaeltin-sfischer.de