Simone Fischer Rechtsanwältin
Simone FischerRechtsanwältin

Fü​​​​​hrerschein und MPU bei Cannabis: MPU bei erstmaliger Fahrt unter THC-Einfluss nicht grundsätzlich möglich

Mit der Fahrerlaubnisverordnung im Zuge der Cannabis-Legalisierung am 10.04.2024 wurde in § 13a 1. a) FeV der Begriff "Cannabismissbrauch" in die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) eingeführt. Einher ging zu dem Zeitpunkt allerdings keine Definition des Gesetzgebers dazu, was unter einem "Cannabismissbrauch denn nun zu verstehen ist.

 

Das führte zunächst dazu, dass die Fahrerlaubnisbehörden nach der Cannabi-Legalisierung bei einer vorangegangenen einmaligen ordnungswidrigen Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss im Rahmen von Neuerteilungen der Fahrerlaubnis keine MPU (mehr) anordneten - auch nicht bei teilweise hohen festgestellten THC-Werten bei der vorangegangenen Verkehrsordnungswidrigkeit mit Cannabis. Wer nach der Gesetzesänderung zügig einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis gestellt hatte, erhielt diesen dann auch zügig - und ohne Weiteres - zurück.

 

Die Freude darüber hielt aber nicht unbegrenzt an: am 22.08.2024 wurde in § 24a Abs. 1a StVG der Grenzwert für THC mit 3,5 ng/ml neu festgelegt. Hierbei wurde der Empfehlung der interdisziplinären Expertengruppe für die Festlegung eines THC-Grenzwertes im Straßenverkehr gefolgt. Ebenfalls die Anlage 4 zur FeV wurde nun angepasst und der Begriff "Missbrauch" definiert. Ein Missbrauch ist nach Punkt 9.2.1. der Anlage 4 zur FeV gegeben, wenn das Führen von Fahrzeugen und ein Cannabiskonsum mit nicht fernliegender verkehrsrelevanter Wirkung beim Führen eines Fahrzeugs nicht hinreichend getrennt werden können. Und da diese Definition der Empfehlung der interdisziplinären  Expertengruppe hinsichtlich der „nicht fernliegende verkehrsrelevanten Wirkung“ entspricht, liegt ein Missbrauch nun ab einen THC-Wert ab 3,5 ng/ml vor.

 

Dies hatte zur Folge, dass die Fahrerlaubnisbehörden prompt eine MPU bei jeder ersten Ordnungswidrigkeit mit Cannabis im Straßenverkehr anordneten. Die einzige Änderung zur Rechtslage vor der Cannabislegalisierung und vor Änderung der Fahrerlaubnisverordnung war daher, dass nun eine MPU (erst) ab einem THC-Wert ab 3,5 ng/ml angeordnet wurde, statt - wie vor der Cannabislegalisierung - ab einem THC-Wert von 1,0 ng/ml.

 

Dieser Praxis der Fahrerlaubnisbehörden haben sich nun aber die Verwaltungsgerichte nicht angeschlossen. Die Gerichte haben sich im Gegensatz zu den Fahrerlaubnisbehörden daran erinnert, dass der Gesetzgeber mit der Cannabislegalisierung 2024 auch beabsichtigte, die fahrerlaubnisrechtlichen Regelungen  bei Cannabisproblematik denen bei einer Alkoholproblematik anzugleichen. Dies wäre mit dem Vorgehen der Fahrerlaubnisbehörden bei einer einmaligen Verkehrsteilnahme mit einem Grenzwert ab 3,5 ng/ml THC eine MPU anzuordnen, krachend gescheitert. Denn die Rechtsprechung geht bei der Regelung zum missbräuchlichen Alkoholkonsum im Sinne des § 13 Satz 1, Nr. 2a, Alternative 2 FeV davon aus, dass eine einmalige Trunkenheitsfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration von unter 1,6 Promille ohne zusätzliche aussagekräftige Umstände nicht ausreicht, um als sonstige Tatsache i.S.v. § 13 Satz 1 Nr. 2 a) Alt. 2 FeV die Annahme künftigen Alkoholmissbrauchs zu begründen. Eine (einmalige) Alkoholfahrt mit einer Blutalkoholkonzentration unter 1,6 Promille führt also nicht per se zur einer Fahreignungsüberprüfung, also einer MPU. Da es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass der Gesetzgeber an einer strengeren fahrerlaubnisrechtlichen Behandlung eines Cannabiskonsum gegenüber einem Alkoholkonsum festhalten wollte, gilt nun: auch bei einer ersten/einmaligen Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss mit einem THC-Wert von 3,5 ng/ml oder mehr, darf nicht zwingend eine MPU angeordnet werden. Vielmehr soll nach der neuen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte nun der einmalige Verstoß gegen das Trennungsverbot – als bei der ersten Auffälligkeit mit einem THC-Wert von 3,5 ng/ml oder mehr – nicht ohne weiteres eine MPU von den Fahrerlaubnisbehörden angeordnet werden können.

 

Zu beachten ist aber, dass eine MPU dann angeordnet werden darf, wenn neben der ordnungswidrigen Fahrt unter Cannabiseinfluss zusätzliche aussagekräftige Umstände hinzutreten. Dierse Umstände nennt man „Zusatztatsachen". Darunter fallen z.B.  eine ausgeprägte Cannabisgewöhnung, ein Kontrollverlust beim Konsum, ein riskantes Konsumverhalten mit Neigung zu hochdosiertem, hochfrequentem oder chronischem Konsum usw. Hierzu finden Sie HIER mehr.

 

Da die Fahrerlaubnisbehörden häufig immer noch bei der ersten ordnungswidrigen Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss mit einer MPU bei der Hand sind, sollten Sie eine entsprechende Anordnung überprüfen lassen. Aus diesem Grunde und häufig auch aus anderen Gründen sind MPU-Anordnungen nicht gerechtfertigt und damit rechtswidrig. Da eine Begutachtung im Rahmen einer MPU bei Cannabisproblematik weiterhin mit hohen "Durchfallquoten" einhergeht (insbesondere ohne Abstinenhznachweise), ist die Abwendung einer MPU der sicherste Weg, die Fahrerlaubnis gar nicht erst zu verlieren.

 

Bei Fragen können Sie sich bei mir unter der Telefonnummer 0421-695 256 27 für eine Ersteinschätzung melden.

 

Kommentare

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  • Rechtsanwältin Simone Fischer (Sonntag, 21. September 2025 12:50)

    Guten Tag,
    das ist eine gute Frage. Bei Alkohol ist es tatsächlich so, dass
    ab 1,6 Promille oder mehr eine MPU aufgrund von Eignungszweifeln wegen Alkoholmissbrauchs angeordnet werden kann, was in § 13 FeV festgelegt ist. Ab 1,1 Promille müssen zudem zusätzliche aussagekräftige Umstände (Zusatztatsachen) vorliegen, um eine MPU anzuordnen. Dies ist in der Rechtsprechung allgemein anerkannt. Eben solche Werte fehlen aber bei Cannabis gänzlich. Diese Lücke füllt nun die Rechtsprechung und ist derzeit auch rege dabei. Dies ist meines Erachtens aber aufgrund fehlender Richtwerte schwierig: in einem Fall wird bei einem THC-Wert von unter 10 ng/ml gesagt, dass aufgrund fehlender Ausfallerscheinungen eine Alkoholresistenz/-gewöhnung vorliegt (in Anlehnung an die Rechtsprechung bei Alkohol) und damit eine Zusatztatsache für die Anordnung einer MPU gegeben ist. In einem anderen Fall wird bei einem gleichen Wert unter 10 ng/ml gesagt, dass (zwar) Ausfallerscheinungen vorliegen, aber die Tatsache, dass trotz der Ausfallerscheinungen dennoch ein Kfz geführt wurde, eine Zusatztatsache darstellt, die eine MPU rechtfertigt. Da kann man sich nun verhalten wie man will, es kommt faktisch zur Feststellung vom Vorliegen von Zusatztatsachen und damit zur Anordnung einer MPU. Zu den Zusatztatsachen ist ein Artikel von mir in Arbeit, da diese bei Fahreignungsüberprüfungen im Mittelpunkt stehen dürften und hierzu einige Rechtsprechung ergehen wird.
    Grüße
    Simone Fischer

  • Gabriel (Sonntag, 21. September 2025 12:19)

    Schönen Sonntag,
    soweit ich weiß, gibts eine MPU bei Alkohol mit 1,6 Promille. Was ist denn der Wert an THC damit es eine MPU gibt?
    Danke voraus!

  • Rechtsanwältin Simone Fischer (Donnerstag, 18. September 2025 17:47)

    ... Sie haben eine MPU-Anordnung erhalten. Darin muss neben den gutachterlichen Fragestellungen - in Ihrem Fall also die Frage nach dem Vorliegen des Trennungsvermögen - auch eine Begründung für die Anordnung enthalten sein. Aus dieser Begründung sollten sich die Eignungszweifel für die Überprüfung Ihrer Fahrtauglichkeit ergeben, also: warum Sie überhaupt überprüft werden. Meist steht in den Begründungen nur, dass eine ordnugswidrige Fahrt unter Cannabiseinfluss vorliegt und darum eine Überprüfung angezeigt ist. Das ist aber mitnichten ausreichend. Fehlen Zusatztatsachen ist eine Überprüfung nicht rechtmäßig.
    Grüße
    Simone Fischer

  • Patrick (Donnerstag, 18. September 2025 17:39)

    Hallo nochmal,
    wie erfahre ich denn, woran die Behörde die MPU festmacht? Und danke für die Rückmeldung!

  • Rechtsanwältin Simone Fischer (Donnerstag, 18. September 2025 17:35)

    Guten Tag, Patrick,
    ganz grundsätzlich ist bei einer ersten ordnungswidrigen Verkehrsteilnahme unter Cannabiseinfluss eine MPU-Anordnung seit der Cannabislegalisierung nicht (mehr) per se möglich. Nur bei Vorliegen von Zusatztatsachen ist die Anordnung einer MPU noch möglich. Wäre interessant zu wissen, an welchen Zusatztatsachen die Fahrerlaubnisbehörde fest machen will...
    Grüße
    Simone Fischer

  • Patrick (Donnerstag, 18. September 2025 17:24)

    Hallo,
    ich habe eine MPU bekommen wegen Cannabis und Auto fahren. War das erste mal. BUßgeld habe ich schon bezahlt, dachte auch damit wäre nach der Legalisierung auch alles erledigt. Und jetzt drohen die mir im Schreiben, dass ich den Führerschein verliere, wenn ich keine Gutachten vorlege. Ist dass nun rechtens?

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